Update zum letzten Blog-Eintrag
Das Problem mit dem Wasserverlust hatte glücklicherweise doch nichts mit der Wasserpumpe zu tun. Es war schlichtweg nur ein verrostetes Stück Rohr. Das hat die Reparaturkosten natürlich drastisch reduziert (5cm Gartenschlauch für 0,50€) und damit zwei strahlende Gesichter produziert, die es kaum erwarten konnten, den Wagen einer Belastungsprobe zu unterziehen.Und weil Tom und Sven gerne das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden (oder in diesem Fall das Notwendige mit dem Übertriebenen), haben sie sich entschieden, ein Vintage Tapedeck von Akai für 55€ bei eBay-Kleinanzeigen zu ergattern, welches im Vintage-Tapedeck-Mekka Castrop-Rauxel für sogenannte Selbstabholer bereitstand. Man musste nur bereit sein, 500km hin- und wieder zurückzufahren, und dafür weitere 150€ Spritgeld auszugeben. Wie praktisch, oder?
1. Etappe: Ford-Werkstatt
Das Original Autoradio Ford 4000 RDS mit integrierter Stereo-Kassettenabspieleinheit wurde leider separat ausgeliefert und musste vor der Testfahrt erst wieder in den Schacht in der Mittelkonsole eingebaut werden. Die Betonung liegt auf "muss", denn schließlich kommt dieses Gerät auf der Liste der wichtigsten Fahrzeugkomponenten direkt hinter Motor und Klimaanlage und sollte konsequenterweise ebenfalls auf Herz und Nieren geprüft werden.Weil diese hochmodernen Prototypen der mobilen Unterhaltungselektronik begehrte Hehlerware sind und mit angemessenem Aufwand vor Diebstahl geschützt werden müssen, nützt der bloße Einbau rein gar nichts, wenn man den Code zum Aktivieren des Geräts nicht besitzt. Und diesen kennt immer nur der Vorbesitzer. Also in Wirklich nur der Hersteller, weil sich kein Mensch diese Codes notiert. Oder sich wenigstens notiert, wo er sie notiert hat.
Also ging es Freitag morgens zuerst zum Ford-Händler, der für einen kleinen Obulus bereit war, uns den Code zu übergeben. Damit konnte der Hitech-Blickfang der Mittelkonsole endlich wieder in Betrieb genommen werden.
Da fällt mir ein: haben wir uns eigentlich den Code notiert? Am Ende platzt die ganze Rallye, weil wir dem Nachbesitzer in Gambia keine vollständigen Papiere übergeben können.
Eins von zwei strahlenden Gesichtern auf dem Weg nach MG |
2. Etappe: Mönchengladbach
Das zweite Etappenziel war für einen kurzen Moment gefährdet, bevor wir überhaupt ins Auto eingestiegen sind, weil wir beim Verlassen der Wohnung an alles gedacht hatten (Geld, Schlüssel, Zahnbürste, Sonnenbrille), nur nicht an das Wichtigste. Nämlich Kassetten!Die ganze Fahrt hat überhaupt erst Sinn erhalten durch die großzügige Leihgabe einer handverlesenen Auswahl klassischer Bänder aus dem renommierten Tonträgerarchiv der Hans-Jochen-Braun-Stiftung.
So schön und unpraktisch war Musik damals |
Und jetzt dürft ihr dreimal raten, was plötzlich nicht mehr funktioniert hat. Natürlich, das Autoradio.
Herzstück der oben angepriesenen Diebstahlsicherung war nämlich das vom Front-Panel ablösbare Bedienfeld. Ohne dieses war das Gerät unbrauchbar und das war auch von außen durch die Scheibe zu erkennen. So konnte man dem damaligen Autoradiodieb helfen, wertvolle Zeit zu sparen, indem man dieses Teil nach jedem Parken brav abklemmte und mitnahm. Win-Win-Situation nennt man das heute.
Und weil das in den 90ern auch wirklich jeder gemacht hat, war der Einrastmechanismus zwischen Bedienfeld und Bedienfeldmulde über die Jahre derart ausgenöddelt, dass von allein einfach kein Kontakt zustandekommen wollte. Folge: das Radio lief nur, wenn man leicht dagegendrückte.
Da Tom meiner Bitte, einfach genau das für den Rest der Fahrt zu tun, aus fadenscheinigen Gründen nicht nachkommen wollte, gab es nur eine Lösung:
Fix it African Style! (früher: Not macht erfinderisch.) |
Die übrige Fahrt über die A61 bis nach Mönchengladbach verlief dann ohne technische Zwischenfälle. Das regelmäßige Wechseln der Tapes und das manuelle Regulieren der Klimaanlage waren da noch die anspruchsvollsten Tätigkeiten. Die insgesamt gut fünf Stunden unter hoher Belastung steckte unser Ford weg, als wäre er gestern erst vom Band gerollt.
Naja, beinahe. Selbstverständlich merkt man dem Auto das Alter an. Die Sensorik für die Kühltemperatur- und Tankfüllstandsanzeige ist offenbar etwas träge (laggy). Die Düsen für die Scheibenwischanlage sind verstopft. Und hier und da ist er immer noch ein bisschen inkontinent, was die kleinen Wasserpfützen nach jeder Rast beweisen.
3. Etappe: Castrop-Rauxel
Die Nacht in Mönchengladbach mussten wir übrigens nicht im Auto, unter der Brücke oder in der Ausnüchterungszelle verbringen. Stattdessen folgten wir der Empfehlung von HRS, die uns mit einem Zimmerpreis von 40€ ins Hotel Heidehaus lockten. Tolles Essen, freundlicher Service, unschlagbarer Preis. Eine echte Empfehlung.Bevor es am folgenden Tag wieder in Richtung Heimat ging, mussten wir natürlich noch einen Abstecher nach Castrop-Rauxel machen, um den Plan von der Tapedeck-Selbstabholung perfekt zu machen. Gegen 12 Uhr hatten wir uns bei dem Anbieter angekündigt und die Sache professionell in kaum fünf Minuten über die Bühne gebracht.
Unser Akai GXC-710D |
4. Etappe: Stuttgart/Herrngiersdorf
Die übrige Strecke zurück in die jeweiligen Heimatorte bewältigt unser Ford mit tadelloser Ausdauer. Er ist zwar kein Kraftpaket - zwingt uns selbst auf der Autobahn gelegentlich in den vierten Gang, wenn es zu steil wird oder 'ne Libelle gegen die Scheibe klatscht - aber er beschwert sich kein einziges Mal.
Selbst die Klimaanlage (deren Kompressor spürbar Motorleistung klaut) bringt den Innenraum des Fahrzeugs auf eine angenehmene Temperatur, während es draußen schwülwarm ist.
Unsere Empfehlung für den nächsten Gault-Millau: Frankfurter mit Brötchen und Senf an der Raststätte Taunusblick Eschborn |
Wir werden freilich an einigen Stellen noch Ausbesserungen/Korrekturen vornehmen müssen. Der PoC (wie man in unserer Branche zu sagen pflegt) ist jedoch geglückt. Der Wagen fährt nicht schnell, aber absolut zuverlässig. Und das ist die Hauptsache.
Erst recht wenn man die mehrmonatige Standzeit unter freiem Himmel ins Kalkül zieht, ist unser Vertrauen in den Wagen jetzt mindestens so groß wie das der unzähligen Insekten und Spinnen, die sich dort häuslich eingerichtet haben. Ich hoffe nur, wir müssen die bei der Einreise in Mauretanien nicht alle einzeln anmelden.