Montag, 28. August 2017

Der Wagen - Teil 4 (aka "Die Belastungsprobe")



Update zum letzten Blog-Eintrag

Das Problem mit dem Wasserverlust hatte glücklicherweise doch nichts mit der Wasserpumpe zu tun. Es war schlichtweg nur ein verrostetes Stück Rohr. Das hat die Reparaturkosten natürlich drastisch reduziert (5cm Gartenschlauch für 0,50€) und damit zwei strahlende Gesichter produziert, die es kaum erwarten konnten, den Wagen einer Belastungsprobe zu unterziehen.

Und weil Tom und Sven gerne das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden (oder in diesem Fall das Notwendige mit dem Übertriebenen), haben sie sich entschieden, ein Vintage Tapedeck von Akai für 55€ bei eBay-Kleinanzeigen zu ergattern, welches im Vintage-Tapedeck-Mekka Castrop-Rauxel für sogenannte Selbstabholer bereitstand. Man musste nur bereit sein, 500km hin- und wieder zurückzufahren, und dafür weitere 150€ Spritgeld auszugeben. Wie praktisch, oder?

1. Etappe: Ford-Werkstatt

Das Original Autoradio Ford 4000 RDS mit integrierter Stereo-Kassettenabspieleinheit wurde leider separat ausgeliefert und musste vor der Testfahrt erst wieder in den Schacht in der Mittelkonsole eingebaut werden. Die Betonung liegt auf "muss", denn schließlich kommt dieses Gerät auf der Liste der wichtigsten Fahrzeugkomponenten direkt hinter Motor und Klimaanlage und sollte konsequenterweise ebenfalls auf Herz und Nieren geprüft werden.

Weil diese hochmodernen Prototypen der mobilen Unterhaltungselektronik begehrte Hehlerware sind und mit angemessenem Aufwand vor Diebstahl geschützt werden müssen, nützt der bloße Einbau rein gar nichts, wenn man den Code zum Aktivieren des Geräts nicht besitzt. Und diesen kennt immer nur der Vorbesitzer. Also in Wirklich nur der Hersteller, weil sich kein Mensch diese Codes notiert. Oder sich wenigstens notiert, wo er sie notiert hat.

Also ging es Freitag morgens zuerst zum Ford-Händler, der für einen kleinen Obulus bereit war, uns den Code zu übergeben. Damit konnte der Hitech-Blickfang der Mittelkonsole endlich wieder in Betrieb genommen werden.

Da fällt mir ein: haben wir uns eigentlich den Code notiert? Am Ende platzt die ganze Rallye, weil wir dem Nachbesitzer in Gambia keine vollständigen Papiere übergeben können.

Eins von zwei strahlenden Gesichtern auf dem Weg nach MG


2. Etappe: Mönchengladbach

Das zweite Etappenziel war für einen kurzen Moment gefährdet, bevor wir überhaupt ins Auto eingestiegen sind, weil wir beim Verlassen der Wohnung an alles gedacht hatten (Geld, Schlüssel, Zahnbürste, Sonnenbrille), nur nicht an das Wichtigste. Nämlich Kassetten!

Die ganze Fahrt hat überhaupt erst Sinn erhalten durch die großzügige Leihgabe einer handverlesenen Auswahl klassischer Bänder aus dem renommierten Tonträgerarchiv der Hans-Jochen-Braun-Stiftung.

So schön und unpraktisch war Musik damals
Also nochmal in die Wohnung und die Bänder geschnappt, wieder zurück ins Auto und volle Pulle auf die Autobahn Richtung Koblenz. Wir mussten ja wertvolle Zeit wieder reinholen. Perfektes Training für den stressigen Rallye-Alltag, der uns bald bevorsteht (*grins*).

Und jetzt dürft ihr dreimal raten, was plötzlich nicht mehr funktioniert hat. Natürlich, das Autoradio.

Herzstück der oben angepriesenen Diebstahlsicherung war nämlich das vom Front-Panel ablösbare Bedienfeld. Ohne dieses war das Gerät unbrauchbar und das war auch von außen durch die Scheibe zu erkennen. So konnte man dem damaligen Autoradiodieb helfen, wertvolle Zeit zu sparen, indem man dieses Teil nach jedem Parken brav abklemmte und mitnahm. Win-Win-Situation nennt man das heute.

Und weil das in den 90ern auch wirklich jeder gemacht hat, war der Einrastmechanismus zwischen Bedienfeld und Bedienfeldmulde über die Jahre derart ausgenöddelt, dass von allein einfach kein Kontakt zustandekommen wollte. Folge: das Radio lief nur, wenn man leicht dagegendrückte.

Da Tom meiner Bitte, einfach genau das für den Rest der Fahrt zu tun, aus fadenscheinigen Gründen nicht nachkommen wollte, gab es nur eine Lösung:

Fix it African Style!
(früher: Not macht erfinderisch.)
Und ja, die ganze Karre ist so dreckig. Innen genauso wie außen. Oder es handelt sich um eine Schicht aus hochentwickelten Nanopartikeln, die das wertvolle Interieur vor Schmutz und Kratzern schützen soll. Das müssen wir bei Ralphs Werkstatt noch in Erfahrung bringen, bevor wir aus Versehen ein sündhaft teures Experiment der NASA einfach wegsaugen.

Die übrige Fahrt über die A61 bis nach Mönchengladbach verlief dann ohne technische Zwischenfälle. Das regelmäßige Wechseln der Tapes und das manuelle Regulieren der Klimaanlage waren da noch die anspruchsvollsten Tätigkeiten. Die insgesamt gut fünf Stunden unter hoher Belastung steckte unser Ford weg, als wäre er gestern erst vom Band gerollt.

Naja, beinahe. Selbstverständlich merkt man dem Auto das Alter an. Die Sensorik für die Kühltemperatur- und Tankfüllstandsanzeige ist offenbar etwas träge (laggy). Die Düsen für die Scheibenwischanlage sind verstopft. Und hier und da ist er immer noch ein bisschen inkontinent, was die kleinen Wasserpfützen nach jeder Rast beweisen.


3. Etappe: Castrop-Rauxel

Die Nacht in Mönchengladbach mussten wir übrigens nicht im Auto, unter der Brücke oder in der Ausnüchterungszelle verbringen. Stattdessen folgten wir der Empfehlung von HRS, die uns mit einem Zimmerpreis von 40€ ins Hotel Heidehaus lockten. Tolles Essen, freundlicher Service, unschlagbarer Preis. Eine echte Empfehlung.

Bevor es am folgenden Tag wieder in Richtung Heimat ging, mussten wir natürlich noch einen Abstecher nach Castrop-Rauxel machen, um den Plan von der Tapedeck-Selbstabholung perfekt zu machen. Gegen 12 Uhr hatten wir uns bei dem Anbieter angekündigt und die Sache professionell in kaum fünf Minuten über die Bühne gebracht.

Unser Akai GXC-710D
Bevor jedoch mit diesem Deck wieder Tapes in hoher Qualität aufgenommen werden können, sind noch ein paar Eingriffe nötig. Das ganze Recording-Thema und vor allem darüber, was wir im Inneren des Geräts gefunden haben, werden wir in eigenen Blog-Posts berichten.


4. Etappe: Stuttgart/Herrngiersdorf

Die übrige Strecke zurück in die jeweiligen Heimatorte bewältigt unser Ford mit tadelloser Ausdauer. Er ist zwar kein Kraftpaket - zwingt uns selbst auf der Autobahn gelegentlich in den vierten Gang, wenn es zu steil wird oder 'ne Libelle gegen die Scheibe klatscht - aber er beschwert sich kein einziges Mal.

Selbst die Klimaanlage (deren Kompressor spürbar Motorleistung klaut) bringt den Innenraum des Fahrzeugs auf eine angenehmene Temperatur, während es draußen schwülwarm ist.

Unsere Empfehlung für den nächsten Gault-Millau:
Frankfurter mit Brötchen und Senf
an der Raststätte Taunusblick Eschborn
Fazit der über 1.000 Kilometer, die wir an zwei Tagen zurückgelegt haben: Wir haben die richtige Entscheidung getroffen!

Wir werden freilich an einigen Stellen noch Ausbesserungen/Korrekturen vornehmen müssen. Der PoC (wie man in unserer Branche zu sagen pflegt) ist jedoch geglückt. Der Wagen fährt nicht schnell, aber absolut zuverlässig. Und das ist die Hauptsache.

Erst recht wenn man die mehrmonatige Standzeit unter freiem Himmel ins Kalkül zieht, ist unser Vertrauen in den Wagen jetzt mindestens so groß wie das der unzähligen Insekten und Spinnen, die sich dort häuslich eingerichtet haben. Ich hoffe nur, wir müssen die bei der Einreise in Mauretanien nicht alle einzeln anmelden.

Donnerstag, 24. August 2017

Der Wagen - Teil 3 (aka "Die Wasserpumpe")

"Kommende Woche kriegt er TÜV"

So lautete die WhatsApp-Nachricht von Ralph. Unser Ford Mondeo MK II wird also TÜV bekommen. DAS deutsche Gütesiegel für Fahrzeuge schlechthin. Der Freude-Pegel stieg spürbar. Alles wird konkreter.

Ein paar Tage nach dem TÜV-Termin hatte ich die zur Anmeldung erforderlichen Unterlagen via Einschreiben erhalten - ab zum Landratsamt. Könnte mir ja bei der Gelegenheit auch direkt den internationalen Führerschein ausstellen lassen. Guter Plan.

Die Anmeldung

Also geschwind folgenden Plan geschmiedet: Zusammen mit Christoph montags gnaz früh zur Zulassungsstelle, Anmeldung vornehmen, internationalen Führerschein beantragen, zu Ralphs Werkstatt fahren und den Wagen in Empfang nehmen - Christoph fährt dann wieder heim. Gesagt, getan. 

Um 7:30 Uhr also rein ins Landratsamt.

Der klassische Leasing- oder Geschäftswagenfahrer unter unserer Leserschaft kennt ja nicht diese Spannung, im Wartesaal der Zulassungsstelle mit einer Mappe an Unterlagen und einem kleinen Zettelchen mit der Nummer "Z803" zu sitzen. Da baut sich echte Spannung auf.

So war es dann auch diesen Montag, als ich mit Christoph zur Zulassungsstelle gefahren bin, die Nummer gezogen habe und wir uns in Wartestellung begaben. Kaum hingesetzt ertönt der Gong und wir können zu Schalter "6". Routiniert nimmt die Dame am Schalter unsere Unterlagen in Empfang, fragt uns nach einem Wunschkennzeichen - wir lehnen dankend ab - und ich werde mit dem Ausfüllen von Formularen beauftragt. Zahlkarte, Kassenautomat, ab zum Schilder machen:



Dann noch die Aufkleberchen drauf und fertig. 

Und los. Routiniert hat Christoph mich dann zu Ralphs Werkstatt gebracht:



Die Übergabe

Nach gut zwei Stunden Fahrt sind wir dann bei Ralph angekommen. Wagen sprang sofort an - eben nochmal nach Kühlwasser geschaut, nochmal Tipps zur Rally gegeben und dann noch gefragt, was wir denn noch an Ausrüstung benötigen.

Da weder Sven noch ich bisher die Globetrotter-Läden unsicher gemacht haben, sind wir da noch komplett blank. Also jetzt nicht mehr. Aus seinem Spendenfundus haben wir zwei Benzinkanister (je 20l) und ein Zelt geschenkt bekommen - super!

Dann also ab in den Ford und erstmal zur Tankstelle gefahren. Sauberes Auslitern des Tanks und ermitteln der Durchschnittsverbräuche sind ja schließlich die Basis, wenn es darum geht, die Spritmenge für die Wüstendurchquerung zu kalkulieren. Vollgetankt und ab Richtung Ludwigsburg.

Die erste Fahrt

Was soll man sagen. Die Fahrt an und für sich war nicht sehr ereignisreich. 90 PS aus 1.6 Litern Hubraum sind jetzt nicht die Welt, also ist eher entspanntes Gleiten angesagt. Außerdem wollte ich den Wagen kennenlernen - schließlich unsere Heimat für rund vier Wochen. 

Die Lüftung bläst nur an die Windschutzscheibe - da muss also nochmal jemand nach schauen, warum man die nicht umstellen kann. Die Kupplung der Klimaanlage klemmt auch noch - auch ein Fall für jemanden, der weiß, an welchem Ende man einen Schraubenzieher festhält. Dafür hat der Wagen sogar eine elektrische Sitzverstellung auf der Fahrerseite - schickes Extra. Andererseits geht das Radio nicht, da keiner mehr den Code kennt.

Auf der Autobahn dann allmähliche Geschwindigkeitsaufnahme bis ca. 150km/h - fühlt sich ganz gut an, der Motor schnurrt. In den Rückspiegel geschaut, kein Fahrzeug hinter mir gesehen und mal einen stärkeren Bremstest gemacht... Naja - man braucht dann schon größere Teile der Fahrbahn - und zwar in jegliche Richtung. Aber alles in allem: Der Wagen fährt.

Die Sache mit dem Wasser

In Ludwigsburg angekommen also vor der Garage kurz geparkt, Garagentor aufgemacht und um den Wagen gelaufen. Nichts wackelt, nichts zischt, seidenweicher Lauf. Soviel Auto für sowenig Geld.



Also wieder rein in den Wagen und in die Garage gefahren. Auf einmal ein Knacken, dann ein lautes Zischen und reichlich Wasserdampf - und eine schnell größer werdende Wasserpfütze unter dem Wagen. Sh*t. Was kann das denn nun sein?

Als routinierter Autofahrer also mit dem Wagen ab zu Werkstatt. Fachmännischer Blick und eine schnelle Diagnose: Die Wasserpumpe ist hin. Meinen laienhaften Sachverstand zusammennehmend ist mir klar, dass dieses Fahrzeug nicht luftgekühlt zu sein scheint und daher die Existenz einer funktionierenden Wasserpumpe eine notwendige Voraussetzung für das Funktionieren des Motors sein wird. 

Sh*t.

Ist halt so. Kann jetzt keiner ändern. Also steht der Wagen jetzt in der Werkstatt und soll bis Freitag fertig sein. Ist jetzt nicht die vertrauensvollste Werkstatt, aber ohne Wasserpumpe ist die Reichweite sehr eingeschränkt. "beggars can't be choosers". Ist halt so.

Als Grundoptimist vom Niederrhein gilt auch hier: Ist noch immer gut gegangen. Also wird der Wagen fertig werden - dann kommt als nächstes das Autoradio dran. Aber dazu ein ander mal. Und ehrlich: Lieber hier das Problem mit der Wasserpumpe als in Mauretanien oder mitten im Atlasgebirge.